Kritik an Bonner Professor im Fall Demirtas wächst

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Am 18.09.2019 fand die Anhörung im Fall Selahattin Demirtas vor der großen Kammer des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte statt. Im November 2018 urteilte der EGMR für eine Freilassung des HDP-Politikers und Parlamentsmitglied. Die Türkei legte Widerspruch ein.

Die Anhörung kann auf Englisch und Französisch verfolgt werden unter:
https://www.echr.coe.int/Pages/home.aspx?p=hearings&w=1430517_18092019&language=en&fbclid=IwAR1wYyoi85FlQPTta7F37O74LNqCykduS12m-Jefp7v7qHsxOhauRTWOOMo

Die Türkei wird vor dem Gerichtshof unter anderem vertreten durch Prof. Stefan Talmon von der Universität Bonn. Die Kritik an dieser Nebentätigkeit des Bonner Jura-Professors steigt nun deutlich. Der Hochschulrat will sich mit dem Fall befassen. Prof. Talmon ist einer der beiden Direktoren des Instituts für Völkerrecht an der Universität.

Zunächst hatten sich kurdische und Menschenrechtsorganisationen geäußert. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) sagte, das Mandat schade dem Ansehen der Universität Bonn und dem Respekt der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland. „Wer in führender Position Recht an der Universität Bonn lehre, könne nicht zugleich die Willkürjustiz eines autoritär geführten Staates vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verteidigen, erklärte der Nahostexperte der Organisation.

Das Zentrum für kurdische Studien – Navend nannte die Vertretung eine „Ungeheuerlichkeit“ und fragte bezogen auf Talmon, wie er dies moralisch und nach europäischen Rechtsverständnis verantworten könne? Das Zentrum machte zudem darauf aufmerksam, dass Herr Talmon auch die irakische Zentralregierung beraten habe, gegen das Unabhängigkeitsreferendum im kurdischen Irak. Prof. Talmon hatte ebenfalls die Türkei vertreten im Fall des Politikers Dogu Perinçek gegen die Schweiz.

Die Universität Bonn hatte seine Nebentätigkeit für eine Londoner Kanzlei genehmigt. Sie hätte als Arbeitgeber dem Staatsbeamten die Nebentätigkeit untersagen können, da sie “die Unparteilichkeit oder die Unbefangenheit des Beamten beeinflusse” oder “dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich” sein kann. Laut Bonner Generalanzeiger äußerte sich der Vorsitzende des Hochschulrates Dieter Engels ablehnend. Der Professor habe dem Ansehen der Universität keinen Gefallen getan. Auch wünsche er sich, dass „beamtete Professoren sich vorher überlegen, wie sich die Nebentätigkeit auf ihre gebotene Unparteilichkeit auswirke.“

Olaf G./ Odak

CEVAP VER

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