In der Umut Zeitung wurde am 9. April im E Forum dieser Artikel seitens der ODAK Zeitschrift veröffentlicht:
Der Weg öffnet sich für den Sozialismus, aber Freiheit kann man nicht von selbst erlangen.
Die Welt ist seit einer Weile mit dieser Pandemie beschäftigt, die die Menschheit wie ein Unheil trifft. Es herrschen sehr unterschiedliche Ansichten darüber, wie diese Pandemie sich entwickelte oder wann sie zum Vorschein kam. Unser Augenmerk und Focus sind aber nicht auf diese Punkte gerichtet.
Das Leid, welches die Menschen erleben, ist ziemlich traurig einerseits. Allerdings sind wegen der Pandemie weltweit unzählige Anlässe entstanden, die den Aufbau des Systems offenlegen. Das ist die andere Seite.
Es wurde nun gesehen, dass neoliberale Politiken unmenschlich, ohne Bestand und Logik sind. Die Lage der USA, die als „Supermacht“ deklariert wird, liegt vor Augen. Die Staaten der EU stehlen gegenseitig ihr medizinisches Material. In der kommenden Ära wird über alle diese „Unionen/Vereinigungen“ erneut debattiert werden. Die Welt beobachtet alle diese unschönen Ereignisse, sieht sie und ist sich derer bewusst.
Es sieht danach aus, als wenn China, über das sich die Welt lustig gemacht hat, aus dieser Phase sehr stark herauswachsen wird. Kuba, dieses winzige Land, über das man dachte, es lebe in der Steinzeit, hat der Welt seine helfende Hand gereicht. In der kommenden Zeit werden alle diese Ereignisse sicherlich einen gewissen Ertrag haben.
Insbesondere bei der Linken Bewegung beispielsweise, sowohl in den einzelnen Gruppen als auch bei links orientierten Menschen, erkennt man eine große Aufregung in Bezug auf die kommende Zeit. Das ist sehr positiv. Aber der Sozialismus kommt niemals von alleine.
In welche Richtung der Kapitalismus sich entwickeln wird, ist momentan selbstverständlich nicht eindeutig absehbar. Aber wir denken, dass der Kapitalismus sich erneut organisieren wird, wenn nicht eine andere Form der Klassengesellschaft sich entwickelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine noch schlechtere Form des Kapitalismus kommen wird, können wir ganz und gar nicht ignorieren. Das System kann sich ohne Zweifel erneut aufbauen. Es wird sorgfältig zu beobachten sein werden, wie sich die voran schreitenden Technologien künstlicher Intelligenz, Gesundheits- und Sozialpolitik und die Arbeiterklasse entwickeln werden. Diese Themen verfolgen wir. Die letzten Entwicklungen haben dazu geführt und wird noch mehr dazu führen, dass die Unterdrückten das System und die Welt hinterfragen. Das sind Möglichkeiten für den Sozialismus.
Als Bewegung denken wir, dass es keinen Sinn hat, unsere eigene Lage in übertriebener Weise zu interpretieren. Es ist uns nicht gelungen, Seite an Seite mit ganzer Kraft mit der Arbeiterklasse, mit den Unterdrückten in einen weiträumigen Kampf einzutreten, aber unser Bemühen ist immer vorhanden. Wir sind bemüht, in einer aufrichtigen, unübertriebenen, bescheidenen, aber beständigen Weise zu dem Kampf der Unterdrückten beizutragen. Wir sind häufig Erschwernissen, Hindernissen und Repression ausgesetzt. Das ist ja auch normal. Wir versuchen, unsere Kräfte zu sammeln und mit der Gesellschaft starke Bindungen zu knüpfen. Es gibt besondere Bereiche, auf die wir unsere Bemühungen intensivieren.
Wie wir es zum Ausdruck gebracht haben, die generelle Phase , die uns erwartet, ist unseres Erachtens ziemlich reich an Gelegenheiten. Das wird auch sicherlich einen Reflex in der Türkei haben. Außerdem lässt sich viel klarer erkennen, zu welchem Punkt die AKP das Land geführt hat.
Wir befürworten, dass die Einheit der antifaschistischen und fortschrittlich denkenden Kräfte in der Türkei sich intensiviert. Allerdings sehen wir die Frage der Einheit der Linken als eine Frage der Einheit in sich selbst. Einheit bedeutet also der Kampf darum, eine unabhängige und innovative Kraft zu sein.
Wenn die Linke eine unabhängige Kraft werden könnte, sich in dieser Weise einen könnte, könnte das den Weg dafür öffnen, gesunde Bündnisse mit der kurdischen Bewegung, mit der Alevitischen Bewegung und auch mit der fortschrittlich patriotisch eingestellten Türkischen Bewegung herzustellen. Die Einheit der Linken, der Kurdischen und Türkischen freiheitlich orientierten Patrioten ist sehr wichtig.
Es muss auf zwei Dinge gleichermaßen acht gegeben werden;
Äußerungen, die unter dem Begriff „Internationalismus“ zu einer verdeckten Türkenfeindlichkeit oder Kurdenfeindlichkeit führen können, müssen vermieden werden. Dass zum Beispiel die Linke die fortschrittliche Denktradition des als Kemalismus oder Atatürk Treue in der Türkei bekannte Reformbewegung geringschätzig behandeln oder herab werten, erachten wir als falsch. Eine Einheit der Linken, die von Prinzipien getragen, unabhängig auf ihrem eigenen Weg vorwärtsschreiten kann, ist von existentieller Bedeutung.
Weiterhin betrachten wir diese Einheit nicht auf der Grundlage einer Aufkündigung der Programme und Hierarchien der Gruppen und einer Neuformierung unter einem anderen Namen. Zu dieser Thematik hatten wir bereits zuvor geschrieben. Auf der Internetpräsenz unserer Zeitschrift hatten wir eine Reihe von Austausch mit der Türkischen Linken zu dem Thema Einheit betrieben. Diese kann dort nachgesehen werden. Wir denken nicht, dass Gruppen abgeschafft werden müssen, sondern dass es erforderlich ist, Gruppen Fanatismus zu beseitigen. Jede Einheit, die das nicht beachtet, auch wenn sie sich sogar im Rahmen des besten Programms formiert haben sollte, wird bestenfalls keine Alternative hervorbringen oder auseinanderfallen.
Der eigentliche Sozialismus ist für uns kein „Kampf um eine Regierungsherrschaft“, sondern das Ringen um eine alternative Lebensweise. Das eigentliche Betätigungsfeld der Revolution sind nmlich alternative menschliche Beziehungen, die der bürgerlichen Gesellschaft und der von dieser beeinflussten traditionellen Linken entgegen gesetzt werden. Als wesentlich muss ein Kampf um Freiheit gelten, der genossenschaftliche Verhältnisse hervorbringt. Die Erfahrungswerte aus der Vergangenheit haben uns gezeigt, dass selbst wenn eine Herrschaft erlangt werden würde, der Sozialismus nicht aufgebaut werden könnte.
Wir müssen unsere Sprache, unser Verhalten und unsere Annäherungsweise in einer Weise erneut anpassen, so dass diese einem Freiheitsverständnis zu dienen vermag.
Beziehungen, die um revolutionär zu sein, eine Konkurrenz orientierende und propagandistische Vorherrschaft über Menschen und der Gesellschaft hervorbringen, sehen wir als uns fremd an. Wir sind bestrebt, uns stetig in diesem Sinne selbst kritisch zu prüfen. Diese Ansätze können vielleicht eine Organisation schnell vorwärts bringen. Aber auf der anderen Seite bringen eigentlich sie weder den Sozialismus noch den Kampf um Freiheit voran.
Mit dieser Sichtweise blicken wir einem gemeinsamen Kampf der Gruppen innerhalb der Linken und aller demokratischen Kräfte hoffnungsvoll entgegen.
Lassen wir es uns wiederholen: Wir treten in eine Phase ein, die für die Herrschenden schwierig und für die Unterdrückten reich an Chancen sein wird. Der Sozialismus wird niemals von selbst eintreten. Wir können ihn herbeischaffen, indem wir uns auf dem Weg dahin, uns zu erneuern, vorwärtsbringen und das Kämpfen innerhalb einer Einheit intensivieren. Wenigsten geben wir etwas von uns hinzu dabei, eine neue Welt zu erschaffen.
Zeitschrift ODAK
Übersetzung: Cumhur Topak
*https://umutgazetesi16.org/arsivler/27637